Geben und nehmen ist ein Thema, dass uns weltweit beschäftigt. Schauen Sie sich doch nur ein Mal die Suchanfragen bei Google bzgl. „geben“ und „nehmen“ an. Man sieht, dass
a) beide Themen seit Jahren im Trend liegen und
b) beide sich auf gleichem Niveau befinden.
Vor allem die Deutschen sind von der Pflicht des Schenkens bzw. besser gesagt des Zurückschenkens betroffen. Führen Sie sich doch mal folgende Beispiele vor Augen und fragen Sie sich, wie Sie sich in dieser Situation verhalten hätten:
- Sie haben Geburtstag und erhalten unerwartet ein Geschenk von einem Bekannten oder schlimmer noch von einem bekannten Pärchen. Fühlen Sie sich nun in der Pflicht bei der nächsten Gelegenheit selbst ein Geschenk zu unterbreiten? Und wenn ja, wie bemessen Sie den Wert des Geschenks?
- Wie jedes Jahr wird der 14.02. traditionell von frisch verliebten oder alt gedienten Pärchen dafür genutzt sich gegenseitig die Liebe zu beweisen – in Form von kleinen oder großen Nettigkeiten. Wie jedes Jahr vereinbaren Sie aber mit Ihrem Partner, dass man sich dieses Jahr nichts schenken möchte und das gesparte Geld lieber für einen gemeinsam geplanten Urlaub etc. zurücklegt. Wie jedes Jahr hält sich der Partner nicht daran. Haben Sie auch vorgesorgt? Tipp: Ein Geschenkgutschein passt immer!
- Man trifft sich zu Weihnachten bei seinen Eltern zu einem Familienfest geladen. Es kommen der Bruder mit seiner Frau inklusive seiner 3 Kleinkinder und deren Hund sowie der Schwager des Bruders samt Kleinfamilie. Hinzukommt, dass auch die Schwiegerltern seines Partners und die Schwiegereltern des Bruders eingeladen sind. Selbst hat man 2 kleine Kinder. Wen gilt’s nun zu beschenken? Und was investiert man dabei? Zumal man 250 km zur Familienfeier anreisen muss.
- Ein Kollege hat Geburtstag, ist Papa geworden oder heiratet. Selbst hat man vor kurzem eine kleine Aufmerksamkeit von seinen Kollegen erhalten. Nun hat die Praktikantin der Abteilung die ehrenvolle Aufgabe mit einem Kuvert und einer Glückwunschkarte, auf der natürlich nur die Spender unterschreiben dürfen, Geld einzusammeln. Jeder darf soviel geben wie er will. Keine Kontrolle. Die anderen geben aber 1-2 Euro.
- Sie werden zu Kaffee und Kuchen bei Ihrem Vermieter eingeladen. Natürlich fehlt Ihnen die Lust dahinzugehen. Ihr Pflichtgefühl verlangt das aber inständig von Ihnen. Welches Geschenk bringen Sie Ihrem Gastgeber mit?
Sicherlich gibt es noch unzählige weitere Situationen, die uns allen bekannt sind. Doch woher kommt dieses Ritual, ein gleichwertiges Gegengeschenk zu unterbreiten?

Die Pflicht des Schenkens
In allen Kulturen spielt die Übergabe von Geschenken seit jeher eine zentrale Rolle. Geben vs. nehmen, geben vs geben oder besser gesagt Gabe vs Gegengabe scheinen fest zusammen zugehören. Obgleich das Schenken auf Freiwilligkeit beruht scheint es eine Regel der Gegenseitigkeit (Reziprozität) zu geben. Konfuzius schrieb etliche Jahre vor Christus bereits darüber im „Buch der Riten, Sitten und Gebräuche“. Damit gehört er zu den ersten Menschen, denen die Regel aufgefallen ist.
„In der Vorzeit lobte man das schlichte Geben, dann pflegte man Geben und Gegen-Geben. Die Regeln des Richtigen bewerten diese Gegenseitigkeit hoch: wenn ich eine Gabe gebe und dafür nichts erhalte, ist es gegen das Richtige; wenn ich etwas erhalte und nichts dafür gebe, ist das ebenso gegen das Richtige.“ (Payer 2000).
Natürlich gibt es Unterschiede in den (Sub-) Kulturen bei der Schenkthematik. Fettnäpfchen bei interkulturellen Kontakten sind also vorprogrammiert. Aber das ist natürlich ein ganz anderes Problem, dass an dieser Stelle nicht weiter erörtert werden soll.